LEONARD COHEN & BOB DYLAN
BOB DYLAN & LEONARD COHEN
Some Critical Analysises and some more articles
1. Einführung/ Introduction
2. Dylan & Picasso, Cohen & Matisse
3. "This Is For Leonard (Cohen)"
4. John Illsley ( Dire Straits) im Gespräch
1. Einführung/ Introduction
Der eine sagt, ,,I`m your man", der andere meint, ,,Things have changed". Beide verbindet die fragile Kunst des Singer/ Songwriter- und Schrifstellertums seit den 60er Jahren. Beide gehören einer Tradition an, die sich die Leidenschaft für das Wort aufs Banner schrieben, beide arbeiten nicht nur um des Wortes, auch um des Schreibens willen…
Beide besitzen das Vermögen Wörter zu Bilder werden zu lassen, der eine à la Matisse, der andere à la Picasso…
2. Dylan & Picasso, Cohen & Matisse
Zu Bob Dylan fühlte sich Cohen hingezogen, seit er dessen Platten Mitte der 60er Jahre zum ersten Mal hörte. Cohen bemerkte 1967 gar einmal, daß er „so etwas wie der Spiegel Bob Dylans" sei, und selber am meisten davon beeindruckt wie auch überrascht wäre, weil ihm manches von Dylan sehr bekannt vorkäme. Er sei wie eine Figur aus einem seiner Bücher, die lebendig geworden wäre. Irgendwie hätte er das Gefühl gehabt, als ob er ihn „erfunden" hätte. „Als ich ihn das erste Mal gehört habe, habe ich ihn sofort verstanden. Ich habe verstanden, was er tat. Ich sah, daß er eine Rolle einnahm, in der ich mich gerne gesehen hätte. Ich habe mich ermutigt gefühlt, als ich seine Musik hörte. Denn wenn man Dylans Musik zuhört, hat man das Gefühl, neue vielleicht nicht gekannte Energien freigesetzt zu bekommen. Das macht den Wert eines künstlerischen Werkes überhaupt aus."
Eine ähnliche Sichtweise ergab sich auch bei einem Gespräch zwischen dem Autor und Paul Williams, bei Dylans Konzert in Prag 1995: „Erst, wenn man auf dem Weg ist, das Konzerterlebnis als ein Stück Kunst zu erfahren, ist man auf dem Weg zu verstehen, daß mit dem Konzert – unabhängig von der Tonaufnahme – der eigentliche Akt des Kunstschaffens stattfindet." Künstler wie Dylan oder auch Cohen schaffen mit jedem Auftritt Kunst und vergrößern damit ihr künstlerisches Werk. Cohen verglich Dylan 1988 in einem Interview mit dem MUSICIAN MAGAZINE gar mit Pablo Picasso: „Nobody is identifying our populär singers like Matisse or Picasso. Dylan's a Picasso that exuberance ränge and assimilation of the whole history of music."
In einem anderen Interview mit dem Autor bemerkte Cohen auf die Frage, mit wem er dann zu vergleichen sei, wenn Dylans malerisches Pendant Picasso sei: „Natürlich Matisse". Der Vergleich Dylans mit Picasso ist in der Tat legitim. Gerade wenn man das Dylan'sche Wortgut der 60er Jahre untersucht, läßt sich die Nähe Dylans zum Surrealismus nicht leugnen. Hält man sich an die Definition des Surrealismus, als psychischem Automatismus, ist die Untersuchung dieser Analogie interessant. In frühen Dylan-Songs wie z.B. „Farewell Angelina" oder in „Visions Of Johanna" sind ähnlich bizarre und skurille Bilder zu erkennen, wie sie Picasso mit Zeichenstift und Pinsel schuf. Ein weiterer Ansatzpunkt ist seine von Picasso bekannte Produktivität. Ähnlich wie der unentwegt kreative Picasso, der selbst nebenbei ständig zumindest irgendetwas skizzierte, malte er fast täglich oder war stets anderweitig künstlerisch tätig. Er arbeitete, weil sein Inneres aus ihm heraus mußte. Dies ist die Motivation des Handelns. Er hat keine andere Wahl, als seine Kreativität herauszulassen. Zudem ist beiden Künstlern wohl auch der Wesenszug des Egozentrikers gemein.
Die jeweiligen Biographien spiegeln sich in den Werken der Künstler wieder. Neue Welten werden erschlossen. Beide Künstler haben einen großen Fundus unveröffentlichter Werke. Beide arbeiten bzw. arbeiteten an bereits bestehenden Werken immer wieder von Neuem und schufen mit dieser Bearbeitung auch wieder neue Werke. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß gerade bei dieser von Picasso bekannten Methodik das alte, vom Betrachter eigentlich schon für perfekt gehaltene Werk in dem Prozeß der Bearbeitung und des Neuschaffens völlig zerstört wird. Statt dessen entsteht unter den Händen Picassos ein höher stilisiertes, abstraktes, entfremdetes Werk, dem der in diesen Dingen (scheinbar) naive Betrachter zuerst einmal den Untergang des vorhergehenden, weniger abstrakten und dafür greifbareren vertrauteren Werkes vorwirft. Gerade an dieser Visualisie-rung des Prozesses der Neuschaffung durch Destruktion des ursprünglichen
Werkes wird die Parallele zu Dylan sichtbar und gerade diese Analogie führt zum Verständnis des Gesamtwerkes von Bob Dylan in den 12 Jahren, die die Never Ending Tour umspannen. „Tangled Up In Blue" ist ein solches Beispiel. Der Song wurde 1974 geschrieben und 1975 veröffentlicht. 1978 und 1984 änderte Dylan den Text und präsentierte erst 1988 den Song wieder in der UrFassung. Auch Cohen weiß seine Werke im Laufe der Zeit zu variieren, was z.B. die beiden Fassungen des Song „Chelsea Hotel #1" und „#2" mit unterschiedlichen Strophen beweisen.
Auch der Song „Democracy" unterliegt live einer Wandlung. Bei seiner '93er ,,Future"-World Tour offerierte Cohen mehr als die sechs vom Album bekannten Strophen. Das Script hat 80 Strophen. Doch Cohen ist mehr als Dylan der totale Formalist. Nach außen verkörpert er die Suche nach Perfektion, im Innern praktiziert er das totale Streben nach Freiheit.
Ähnlich wie z.B. Matisse präferiert Cohen diese extreme Form der kultivierten Lebensart, woraus er seine Methode entwickelt. Mit dem totalen Formalismus die totale Freiheit anzustreben, um so zu einem wahren Wilden zu werden, ist sein Ziel. Seine Art des gentlemanliken Auftretens und die Form seiner Kunst unterstützt den Vergleich mit Matisse. In dem Gewand der Bourgeoisie agiert er als Enfant Terrible. Im Erreichen der totalen Kontrolle über sich gelangt er zu Bildern, die ohne diese vorherige Kontrolle, nie unkontrolliert wirken könnten. Wenn Cohen Abend für Abend dieselbe Geschichte erzählt, scheint es, als ob er seine Spontanität hinter einem durchdachten Konstrukt verbirgt, womit sich der Kreis der Analogien, Dylan und Picasso, Cohen und Matisse schließt.
3. "This Is For Leonard (Cohen)"
Bob Dylan machte sich am 4. Dezember 1975 im Forum de Montreal bei einem Konzert der „Rolling Thunder Revue"-Tour über Leonard Cohens Versunkenheit auf der griechischen Insel Hydra lustig und widmete dem aus Montreal stammenden Cohen den Song „Isis" mit den Worten: „This is for Leonard, if he's still here."
Tatsächlich weilte Cohen zu der Zeit jedoch nicht auf Hydra, sondern war wie Dylan wußte backstage und wohnte dem Konzert bei. Am 8. Juli 1988 gedachte Dylan Cohen erneut auf einer Konzertbühne. Zwischen „Stuck Inside Of Mobile With The Memphis Blues Again" und l „Bailad Of AThin Man" trug Dylan erstmals in seiner Karriere den Song „Hallelujah" von Cohen vor. Im weiteren Verlauf seiner Neverending Tour spielte er den Song außerdem am 4. August.
Obwohl Dylans Version wesentlich rockiger und aggressiver, wenn auch nicht minder engagiert vorgetragen wurde, macht diese Aufnahme die songwriterische Verwandtschaft der beiden Rockpoeten mehr als deutlich. Sowohl Dylan wie auch Cohen verstehen, es Poesie und Popmusik zu einer Einheit werden zu lassen. Eine Einheit, bei der über die Tonaufnahme hinweg der Song während der Performance über sich hinauswächst, und dabei dem Zuhörer der Zugang zu Musik und Inhalt einer weiteren Ebene ermöglicht wird. Über die Entstehungsgeschichte von Songs unterhielten sich Dylan und Cohen eines Tages in Paris Ende der 80er.
„Vor einigen Jahren war ich bei einem Bob Dylan-Konzert in Paris", erinnerte sich Cohen: „Und hinterher sind wir einen Kaffee trinken gegangen. Er fragte mich, wieviel Zeit ich gebraucht hätte, um das Lied „Hallelujah" zu schreiben, das er im Konzert gespielt hatte. „Tja… ich weiß nicht, sagte ich,… vielleicht zwei Jahre. Dann fragte ich ihn, wie lange er für das Stück „l And l" gebraucht hätte, und er antworte: Eine Viertelstunde."
4. John Illsley ( Dire Straits) im Gespräch
Mut zur Hoffnung
„Dire Straits“-Mitbegründer John Illsley wartet mit Solo-Album auf und weckt Lust auf mehr
Dire Straits sind Mark Knopfler? Mark Knopfler ist Dire Straits? Nein, nicht ganz, Dire Straits sind Mark Knopfler und John Illsley. Gleich bei den ersten Tönen von Illsleys neuem Album „Testing The Water“ ist die Assoziation zu den Dire Straits mehr als präsent. Was nicht wirklich verwundert, denn John Illsley ist Gründungsmitglied dieser mega-erfolgreichen englischen Rock-Band und war als Bassist neben Mark Knopfler von 1977 bis zum Split Mitte der 1990er Jahre als einziges Bandmitglied immer dabei. Sein Einfluss auf den Sound der Band ist nicht zu unterschätzen. Bis heute verkauften die Dire Straits eine dreistellige Millionenzahl an Alben und erhielten zahlreiche „Brit“- und „Grammy“-Awards.
Illsley brachte zwei CDs in den 1980ern und danach noch „Streets Of Heaven“ im Jahre 2010 heraus. In den beeindruckenden Texten der neuen acht Songs von „Testing The Water“ (2014) verarbeitet er unter anderem auch seine langwierige Erkrankung (Leukämie) und Heilung (durch eine Stammzellentherapie). Einige Titel schrieb er direkt im Krankenbett: „Ich hab’ die Ärzte einfach gefragt, ob ich eine Gitarre mitbringen kann.“ Guy Fletcher, der langjährige Dire Straits-Keyboarder, und auch Dire Straits-Kollege und Saxofonist Nigel Hitchcock (letztjährig noch mit Mark Knopfler auf Tour) sowie als Backingvokalistin John Islley’s Tochter Jessica, deren eigene Band Native Roses übrigens vom Vater produziert und auf dem gleichen Label wie „Testing The Water“ veröffentlicht wurde (Creek Records), sind mit auf dem Album zu hören. John Illsley selbst singt die Lead Vocals, spielt Bass sowie alle akustischen Gitarrenparts und produzierte das Ganze zusammen mit Guy Fletcher – und plötzlich kommt der Gedanke einer Dire Straits-Reunion oder wenigstens einer Tournee mit „Illsley plays Dire Straits“ auf, die gar nicht mal so abwegig ist, wie John erzählt…
Aber zunächst stellt sich die Frage, was John Illsley wohl antworten würde, wenn er gefragt würde, welche Art von Wasser er denn getestet habe und wie es war?
John Illsley: Nun, dieses Album ist keines jener Alben, das man herausbringt, und sagt, das ist das Beste, das ich jemals produziert habe. Es ist kein unter üblichen Umständen zu promotendes Album. Es ist eher ein Album, das meinen Gemütszustand der letzten Jahre im Verlauf meiner fortschreitenden Krankheit beschreibt. Ich war bei den Songs nie sicher, ob mir die Zeit bleibt, sie fertig zu stellen, deswegen nahm ich die Gitarre mit ins Krankenhaus; ob mir die Zeit bleibt, sie noch aufzunehmen und zu produzieren, wusste ich nicht. Und ich wusste nicht, ob die Songs gehört werden wollen, also nahm ich sie erst einmal für mich auf und „teste“ nun, ob sie gefallen. Aber der Titel ist eher so zu verstehen, dass man in das Album hineintauchen soll… um sich von Text und Musik in eine andere Welt hineingleiten zu lassen.
Und du hast die Songs wirklich im Krankenhaus geschrieben?
John Illsley: Ja, und auch gemalt. Seit Ende der „On Every Street“-Tour habe ich auch begonnen zu malen, weil ich das Gefühl hatte, in ein Loch zu fallen, als wir plötzlich auf dem Höhepunkt unserer Zeit aufhörten. Von „money for nothing and the chicks for free“ bis zum nichts mehr davon, drei bis vier Mal um die Welt gereist und plötzlich nur noch zu Hause. Das musste irgendwie kompensiert werden. Deswegen fing ich damals an zu malen, was ich heute noch immer tue.
Die Songs gefallen und klingen zudem nach etwas, worauf man lange wartete, wie z.B. auf etwas, das „wie die alten Dire Straits“ klingt. Welche sind die für dich wichtigsten Songs auf der Platte?
John Illsley: Nun, wäre es ein Album, bei dem es darauf ankäme einen kommerziellen Erfolg zu landen, hätte ich nach einer Hitmelodie gesucht und würde wohl jetzt den vermeintlichen Chart-Song nennen, um das Album gut zu verkaufen. Aber es ist nun mal ein sehr persönliches Album. Es ist Zeugnis davon, was Künstler tun: Sie beschreiben ihre Gefühle, drücken sich aus, schreiben Tagebücher, aus denen Sie etwas gestalten. So ist „Testing The Water“ zu verstehen, ohne einzelne Songs herauszustellen. Mich hat es immer fasziniert, mit Musik in den Köpfen der Zuhörer Bilder entstehen zu lassen. Leinwände aufzustellen – und die Zuhörer sollen ihre eigenen Bilder auf diese Leinwände werfen. Es besteht immer die Gefahr, dass diese Bilder anders verstanden werden – aber darum geht es nicht, der Künstler ist dabei nur das Medium, und wenn es ihm gelingt, mal Medium, mal Künstler, mal Leinwand zu sein, hat er seine Aufgabe erfüllt. Wenn man mich fragt, welcher Song mir besonders gefällt, dann ist es „Railway Tracks“. Aber auch der Titelsong ist sehr schön. Beides sehr persönliche Songs, die mein Inneres gut beschreiben. Aber es geht bei den Songs nicht nur um mich, sondern auch um all das, was uns umgibt, und woraus wir etwas lernen sollen. Ich sehe das Album als einen Spiegel unserer jeweiligen Gegenwart und damit mehr als Gesamtwerk. Ich komme aus dem klassischen Singer/ Songwriter-Genre und liebe den Blues, all das fließt in „Testing The Water“ mit ein.
Vor Jahren unterhielt ich mich mit Mark Knopfler über eines seiner Solo-Alben und er wünschte, dass man kein Wort über Dire Straits verlieren solle. Robert Plant mag derzeit nicht auf Led Zeppelin angesprochen werden und promotet lediglich sein Solo-Album, während Jimmy Page „Houses Of Holy“ und „Led Zeppelin IV“ remastered und munter über Led Zep plaudert. Wie steht es in diesem Zusammenhang um John Illsley und die Dire Straits?
John Illsley: Damit habe ich überhaupt keine Probleme. Die Dire Straits sind ein Teil, und vor allem kein unbedeutender Teil, meines Lebens. Warum sollte ich darüber nicht sprechen wollen? Jedes Leben hat seine Höhen und Tiefen, und es ist wichtig, sie zu erwähnen, sie zu reflektieren oder gar zu analysieren. Ich kann oft nicht verstehen, warum der eine oder andere über seine früheren Aktivitäten, gerade dann, wenn sie so erfolgreich waren wie z.B. die von Led Zeppelin, nicht sprechen möchte.
Die Rolling Stones sind ja Meister von Reunions, auch wenn sie alle schon um und über 70 Jahre alt sind. Kannst Du Dir eine Reunion mit Mark Knopfler und den Dire Straits vorstellen?
John Illsley: Ja, warum nicht? Aber Mark hat seine Projekte und ich war eine Zeit außer Gefecht gesetzt. Ich möchte mit solchen Aussagen nichts pushen. Aber Mark und ich haben eine gute Beziehung, sind Freunde, auch wenn es Zeiten gab, in denen wir nicht miteinander sprachen. Mark und ich hatten und haben unterschiedliche Vorstellungen über Musik, jeder lebte sie auf seine Art aus. Aber ich rede hier gerade von einem Zeitfenster von etwa 20 Jahren. Dire Straits waren die Mitte, vielleicht finden wir wieder einmal dazu. Wir sind noch immer Freunde. Dire Straits wurden nie offiziell aufgelöst. 1999 traten wir, also Mark, Alan Clark, Guy Fletcher, Ed Bicknell an den Drums, das letzte Mal als Band auf meiner Hochzeit auf. Danach fragte ich Mark 2008 noch einmal, aber er hatte damals keine Zeit und kein Interesse.
Hast Du vor, das „Testing The Water“-Album auch live zu performen?
John Illsley: Ja, und wir spielten sogar auf dem diesjährigen Glastonbury-Festival (2014). Mit Guy Fletcher und einigen anderen Musikern der Platte.
… und ihr habt auch Dire Straits-Songs gespielt?
John Illsley: Ja, warum auch nicht. Wenn doch jemand weiß aus welcher Band du kommst, an welchen Songs du mitgeschrieben hast, und wenn derjenige in deine Konzerte geht, solltest du nicht auf dem hohen Ross sitzen und diese Songs nicht spielen. Die Stones tun das ja auch, und haben vielleicht genau deswegen ein solchen Erfolg, auch in ihrem hohen Alter. Ich hatte die Stones mein ganzes Leben lang noch nie live gesehen, bis zum Jahr 2013 in Glastonbury. Ich war völlig fasziniert, insbesondere von Mick Jaggers Fitness und Aura in diesem hohen Alter. Ich ziehe da nur den Hut davor und empfand es auch als netten Zug von ihnen, noch einmal Mick Taylor einzubeziehen. Wir machen das im kleinen Stil ähnlich. Wir vermischen neue und alte Songs, und dabei sind dann Lieder wie z.B. „Sultans Of Swing“, „Money For Nothing“, „Calling Elvis“ und auch „Walk Of Life“.
Gibt es noch andere Musiker dieser Ära, die auf Dich ebenso gewirkt haben?
John Illsley: J.J. Cale. Sein Tod im letzten Jahr hat mich sehr beschäftigt. Ich höre ihn schon seit den 70ern, aber dass er nicht mehr da sein soll, schmerzt mich. Der Song „Sometimes“ ist ihm gewidmet. Ja, und natürlich Bob Dylan. Diese Antwort und sein Name kommen bei solchen Fragen immer ganz spontan, weil er einfach der Meister der schon erwähnten Leinwände ist. Er malt die schönsten Bilder mit Musik und Worten. Ich habe ihn leider viel zu selten live gesehen, aber bin froh, ihn schon in den 80ern, damals in Melbourne/ Australien live erlebt zu haben. Dylan ist ein Performer und Künstler der alten Art. Wenn andere bildlich gesprochen Häuser mit ihren Liedern bauen, ist er bereits Schlossherr und hat Paläste errichtet. Dylan ist natürlich ein ungewöhnlicher Charakter. Aber warum auch nicht? Er schafft eine Kunst, die kein anderer Künstler in der Lage ist so zu kreieren wie er. Ich bin geradezu stolz darauf, ihm mehrfach begegnet zu sein. Es bereitet Freude, in seiner Nähe zu sein, und er ist keineswegs so, wie er oft in den Medien dargestellt wird. Er ist weniger exzentrisch, aber eben außergewöhnlich und etwas eigen. Über solche Leute wird gerne die Realität verzerrend geschrieben und manches dazu gedichtet, übertrieben oder aus dem Zusammenhang gerissen. Egal, welches Album du dir von ihm anhörst, es zeigt einen Künstler, der Außergewöhnliches produziert und seine Kunst für sich sprechen lässt, sodass der Dialog mit dem Publikum oder seinen Kritikern nicht immer gelingt. Er braucht schon nicht mehr die Reflektion, weil er das perfekte Kunstwerk präsentiert und genau das macht es so schwierig, sich ihm und seiner Kunst zu nähern. Dylans Konzerte, – gerade auch, weil sie sich ändern und Dylan gerne Unerwartetes tut, – sind keine leichte Kost. Sie sind immer wieder neue und unvergleichbare Kunst. Ich habe ihn 1987 bei etwa 12 Shows, die damals in Melbourne stattfanden, live gesehen und auch mehrmals mit ihm gesprochen. Er war mit Tom Petty unterwegs und wir traten bei gleicher Gelegenheit auch auf. An einem der Day-Offs jammten wir für ein paar Songs zusammen und das Resultat bekam das Publikum dann auch in einigen Konzerten zu hören. Mark hatte einen noch besseren Zugang zu Bob. Die Schwierigkeit besteht darin, Zugang zu ihm zu finden, darin, über was du dich mit ihm unterhältst, darin, wie du ein Gespräch beginnst. Schaffst Du den Zugang, wird es gut. Schaffst du es nicht, wird es nicht gut. Dylan ist nicht einfach, aber genial. Aber mit Leuten, die derartiges erschaffen, wie z.B. auch Van Morrison oder J.J.Cale, ist das so, sie sind unbeschreiblich in ihrer Art, aber eben genial und ich bin dankbar, in ihrer Zeit zu leben und sie live erleben zu können. Was würden wir uns nicht alle wünschen, einmal Beethoven, Bach oder Mozart live spielen zu hören. Jetzt haben wir Bob Dylan.
Wenn Du ihn als Maler siehst, mit welchem Maler ist er zu vergleichen?
John Illsley: Mit Picasso?
Und wer ist dann Matisse, weil der doch oft mit Picasso in einem Atemzug genannt wird?
John Illsley: Vielleicht Leonard Cohen? Ich lese gerade das Buch „A Broken Hallelujah: Leonard Cohen's Secret Chord“ von Liel Leibovitz und bin nun Cohens größter Fan.
Stimmt es, dass du deinen eigenen Pub hast?
John Illsley: Ja, es ist ein kleines Hotel in New Forest, Hampshire. (Anmerkung des Autors: East End Arms Hotel, New Forest, Hampshire; Main Road, East End SO41 5SY). Ich stehe da nicht rund um die Uhr hinterm Tresen, komme aber immer wieder vorbei, um mein Pint zu trinken. Eine Kneipe zu haben war schon immer mein Traum gewesen.
Im nächsten Jahr, 2015, spricht man schon von einer großen Open Air- und Festivalschwemme. Das dienstälteste, „Rock am Ring“, feiert sogar sein 30-jähriges Bestehen und findet quasi zweimal statt. Einmal als „Grüne Hölle“ am Nürburgring und einmal als der neue „Rock am Ring“ auf dem Flugplatz in Mendig nahe des Nürburgrings. Könntest Du Dir vorstellen, bei einem davon dabei zu sein?
John Illsley: Jederzeit. Wo ist der Vertrag, den ich unterschreiben soll? Aber Spaß beiseite, wir brennen geradezu darauf 2015 durch Deutschland zu touren. Die Vorbereitungen laufen.
Mit oder ohne Mark Knopfler?
John Illsley: Zunächst ohne, aber die Zeit wird zeigen, was passiert.
Nicht lange nach dem Gespräch mit John Illsley veröffentlichte sein Management die ersten Tourdaten für März 2015 und kündigte sogar die Veröffentlichung des Albums „Live in London“ an, das im 'Half Moon'-Pub im Westen der britischen Metropole aufgenommen wurde. Darauf sind zahlreiche Reminiszenzen an seine ehemalige Band vertreten. Gleich sieben Dire Straits-Klassiker bietet die neue Live-CD, darunter die deutschen Top 20-Hits "Walk Of Life", "Sultans Of Swing" oder "Money For Nothing". Aber John Illsley und seine Band präsentieren auch zwei unerwartete Coverversionen. Die Leonard Cohen-Komposition "First We Take Manhattan" und der legendäre Pink Floyd-Titel "Another Brick In The Wall" passen hier bestens in das musikalische Konzept. Die eigenen Kompositionen, darunter der wunderbare Song "When God Made Time", entstammen allesamt seinen letzten beiden Solo-Alben "Streets Of Heaven" (2010) und "Testing The Water" (2014).
Konzerte:
24.03.2015 Franz Club, Berlin
25.03.2015 Colos Saal, Aschaffenburg
26.03.2015 Ampere, München
28.03.2015 Downtown Bluesclub, Hamburg
29.03.2015 Blues Garage, Isernhagen
30.03.2015 Harmonie, Bonn
31.03.2015 Hirsch, Nürnberg
Bildzeilen:
John Illsley live in Concert zusammen mit den Dire Straits 1992.
John Illsley live zusammen mit Mark Knopfler 1993.
John Illsley 2014: Als Zeichner musikalischer Landschaften
John Illsley 2014: Bei der Arbeit im Studio